NRZ-Bericht vom 27.3.2006
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BRAUSEMINAR / Ungewöhnlich süß-herber Duft zog am Samstag durch die Flure der Volkshochschule Voerde. Zur traditionellen "Märzen"-Zeit rückten 15 Hobbybrauer dem Malz ans Korn.
VOERDE. "Dat is wie Kaffee kochen", erklärt Gerhard Ruhmann seinen jüngsten Kursteilnehmern, während es in großen Einmachtöpfen brodelt und dampft. Etwas ungläubig schauen ihn die zwei Auszubildenden in weißen Plastikkitteln an. Bier brauen wollen sie von Hobbybrauer Ruhmann lernen, doch noch sind sie skeptisch und betrachten die köchelnde braune Masse. Erstmals trafen sich am Wochenende 15 neugierige Biergenießer zum ungewöhnlichen Lehrtag in der Volkshochschule. Brodelnde Brühe Ein süßlich korniger Duft zieht durch die Flure des menschenleeren Gebäudes Im Osterfeld. Dezenter Malzgeschmack legt sich im Gaumen nieder. Beim Betreten von Raum 209 umhüllt feuchter Dampf die 15-köpfige Männergesellschaft. Es brodelt wie in Omas Küche, doch nicht Marmelade sondern korniges Malz und gepresster Hopfen schwimmen im großen Einmachtopf. In weißen Kitteln positioniert sich die bierbäuchige Truppe um die Gerätschaften. Geduldig erklärt Gerhard Ruhmann mit seinem Kollegen Christian Brögemann die Kunst des Bierbrauens. Mancher schreibt eifrig mit, der Andere nippt derweil schon an der ersten frischen Schaumkrone. Wie in einer Großküche rühren die Männer mit großen Holzlöffeln durch den schäumenden Sud, mischen Malzmischung und Brauwasser. Während des Einmeischprozesses tummeln sich im weißen Plastikeimer die aufgedunsenen Körner. Neugierig schauen die Bierdurstigen zu, wie die Maische verschiedene Temperaturstufen durchläuft. Gut Ding will Weile haben und so vergehen Stunden, bis das dunkle Gebräu durch die Abläuterung gelaufen ist und der letzte Schliff vollbracht ist. "In meiner Waschküche wird das Bier fachgerecht eingelagert. Wenn es gegoren ist, werden wir es gemeinsam in stilvollerem Ambiente verköstigen", sagt Ruhmann und schielt unzufrieden auf die tristen Wände des Seminarraums.
Es ist ein ungewöhnliches Seminar, das die beiden Dortmunder Hobbybrauer an diesem Wochenende erteilen. "Bier brauen ist eine alte Tradition und wir wollen, dass die Leute wieder lernen wie man mit dem was die Küche hergibt, selber brauen kann", erzählt Ruhmann. In seiner Waschküche braut der gelernte Reisekaufmann seit 18 Jahren das herbe Hopfengetränk und experimentiert mit alten historischen Rezepten aus Suhtwerken, die er in verstaubten Kellergemäuern in Klöstern aufstöbert. Seit zwei Jahren gibt er sein Wissen in Brauseminaren weiter. Ruhmanns hausgemachte Brauanlage zwischen Waschmaschine und Trockner aus Einmachtöpfen, Plastikeimern, Holzlöffel und kleiner Zapfanlage ist ständig unterwegs. Zum Eigenverbrauch bleibe kaum Zeit, erzählt der Hobbybrauer und streicht sich grinsend über den kleinen Bauch und macht den Trend deutlich: "Die Leute setzen sich wieder mehr mit Lebensmitteln auseinander. Viele suchen sich außerdem ein Hobby nach dem Renteneinstieg." Kühler Genuss Mit seinen 15 Teilnehmern in Voerde will er 20 Liter "Märzen" brauen. In fünf bis sechs Wochen, wenn das Bier gelagert hat und abgelitert wurde, soll das dunkle mastige Gebräu durch die Kehlen der Biergenießer fließen.
26.03.2006 IRINA KRUSZINSKI |
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